Rede zum Haushalt 2021 der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Bad Driburg am 22.03.2021
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Deppe,
sehr geehrter Kolleg*innen Stadtverordnete,
sehr geehrte Damen und Herren,
seit nun einem Jahr befinden wir uns in einer Situation, die wir uns im Vorfeld nicht hätten vorstellen können.
Wir alle sind von der Corona-Pandemie betroffen. Die Gesundheit unserer Familien, Freunde und Bekannten bereitet uns Sorgen, aber auch die Zukunft vieler Unternehmen. Viele Familien mussten und müssen immer noch die Kinderbetreuung sicherstellen und stehen aufgrund Kurzarbeit teilweise sogar am Existenzminimum.
Ein ganz besonderer Dank gilt zu Beginn meiner Ausführungen daher all den Menschen, die in den Pflegeeinrichtungen, in den Krankenhäusern, in den Schulen, bei der Kinderbetreuung, in den Verwaltungen, in den Supermärkten oder wo auch immer ganz besonderen Einsatz in den letzten Monaten erbracht haben.
Heute beschließen wir daher einen Haushalt unter ungewohnten und schwierigen Voraussetzungen.
Dieser erste Haushalt der neuen Ratsperiode steht ohne Zweifel im Schatten der Corona-Pandemie.
Die aktuelle Situation, die viele Existenzen bedroht, die zu Umsatz- und somit zu Gewinneinbrüchen führt, spiegelt sich nun auch bei den teils drastischen Einbrüchen bei den städtischen Einnahmen und darum direkt im Haushalt der Stadt Bad Driburg wieder.
Lassen sie mich an dieser Stelle ein paar Vorbemerkungen machen:
Am 04.11.2020 hat sich der aktuelle Rat konstituiert. Ebenfalls haben sich die Fraktionen konstituiert und ihre Arbeit aufgenommen. Gleich zu Anfang der neuen Ratsperiode hat der „neue“ Rat direkt einen „Brocken“ auf die Agenda bekommen. Der Interimsvertrag mit dem Gräflichen Park war bereits zum 31.03.2021 gekündigt worden und nun „lieber Neuer Rat“ sieh zu, dass du im Sinne aller Bad Driburger Bürger*innen eine Entscheidung triffst.
Ich kann heute sagen, und ich denke da spreche ich auch für einige anwesende Kollegen*innen, dass das gleich zu Anfang der Ratsperiode eine große Herausforderung war und auch noch ist. Die Fraktionen mussten sich teilweise erst einmal in die Unterlagen der letzten Jahrzehnte einarbeiten. Aber ich kann heute sagen, dass so eine Feuertaufe auch was Gutes mit sich bringt. Der Rat hat in den letzten Wochen gezeigt, dass wenn es um entscheidende Themen in Bad Driburg geht, alle Stadtverordnete des Rates konstruktiv diskutieren und gemeinsam für unsere Bürger*innen das beste Ergebnis erzielen wollen.
An dieser Stelle auch nochmal herzlichen Dank an den Beigeordneten Herrn Scholle, der in den letzten Wochen die Verhandlungen mit Vertretern des Gräflichen Parks geführt und den Stadtrat immer umfangreich darüber informiert hat.
Aktuell befinden wir uns auf der Zielgeraden. Wir hoffen, dass wir ein gutes Ergebnis vertraglich erzielen können.
Lassen sie uns nun einen Blick auf das eigentliche Thema des heutigen Abends werfen, den Entwurf des Haushaltsplanes der Stadt Bad Driburg für das Jahr 2021.
Vor uns liegt ein umfassender Plan mit 503 Seiten.
Das positive zuerst! Die Stadt Bad Driburg wird in diesem Jahr die Grund- und Gewerbesteuern nicht erhöhen!
Und dann:
Die Einnahmen und Ausgaben sind im aktuellen Haushaltsjahr ähnlich gelagert wie im Haushaltsjahr 2020. Die Kreditermächtigungen für Investitionen hingegen sind von 4,5 Mio. € auf 6,4 Mio. € und der Schuldenstand ist von 19,9 Mio. € auf 26,1 Mio. € gestiegen. Die Tilgung von Krediten beläuft sich im Jahr 2021 auf ca. 1 Mio. €, gegenüber 2020 in Höhe von 833.000 €.
Wie bereits erwähnt, fordert die Bewältigung der Corona-Pandemie auch die Kommunen. Zu den hohen Ausfällen der Steuereinnahmen, verursachen die krisenbedingten Aufgaben zwangsläufig nicht geplante zusätzliche Ausgaben. Das Land hat aus diesem Grund verschiedene Maßnahmen auf den Weg gebracht. So auch die Änderung haushaltsrechtlicher Vorschriften durch das Gesetz zur Isolierung der aus der COVID – 19 – Pandemie folgenden Belastungen der kommunalen Haushalte im Land NRW. Es handelt sich um eine Bilanzierungshilfe der Kommunen. Entstandenen Haushaltsbelastungen aus der Pandemie in den kommunalen Haushalten können durch eine Gegenbuchung als außerordentlicher Ertrag isoliert bzw. neutralisiert werden. Diese sollen dann über maximal 50 Jahre als Abschreibungen in den Haushalten berücksichtigt oder alternativ in 2024 gegen das Eigenkapital ausgebucht werden. Diese zusätzliche Belastung beträgt für das Haushaltsjahr 1,6 Mio. € (1.607.390 €).
Das hört sich alles erst einmal gut und praktikabel an. Es sollte hier aber nicht vergessen werden, dass es sich lediglich um eine „Bilanzierungshilfe“ handelt. Letztendlich handelt es sich um ein Defizit im Haushalt 2021 und auch in den folgenden Jahren.
Ziehen wir nun ein Fazit und betrachten nüchtern die Zahlen des uns vorliegenden Haushaltsplanentwurfs, dann folgt recht schnell der Schluss, es sieht düster aus in den Kassen der Stadt.
Die meisten Entscheidungen in diesem Haushaltpanentwurf hat „dieser Rat“ nicht zu verantworten. Fast alle Ausgabenposten sind bereits in 2020 beschlossen worden. Wir haben es mit vielen Altlasten zu tun, bei denen man die Einnahmeausfälle durch Corona schlicht und ergreifend nicht kannte und diese auch nicht so eingeplant hat.
Doch wie kann man einen Weg aus dieser Situation finden?
Auf der Einnahmenseite käme nur eine Erhöhung der Steuern in Frage. Doch dies lehnen wir, in der derzeitigen Situation der Bürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmen, ab.
Bleiben einzig Einsparungen auf der Ausgabenseite:
Dorfplätze
Die SPD-Fraktion hat bereits am 10.03.2021 einen Antrag gestellt, dass sich der Rat erneut mit der bereits beschlossenen Maßnahme bezüglich der neuen Dorfplätze in 4 Ortschaften auseinandersetzt. Für die geplanten Dorfplätze sind im aktuellen Haushaltsjahr 650.000 € Eigenanteil der Stadt Bad Driburg geplant. Unser Antrag sollte ein Denkanstoß sein sich damit auseinanderzusetzen, wo und in welchem Bereich bereits Einsparungen getroffen werden können. In dieser derzeitigen Situation müssen wir anfangen umzudenken. In der Vergangenheit wurde gerne oftmals „hier“ geschrien, wenn es um Fördermaßnahmen ging. Es hört sich auch immer gut an, wenn Maßnahmen gefördert werden. Doch diese Fördermaßnahmen sind auch immer mit Kosten für den städtischen Haushalt verbunden.
Zudem muss städtisches Personal diese Mittel beantragen und auch die Maßnahmen umsetzen. Ein Eigenanteil der Kommune kommt in der Regel auch noch hinzu. Von den Folgekosten die ein solches Projekt nach sich zieht ganz zu Schweigen. Wenn wir in den Haushaltsplan 2021 schauen, fällt uns direkt auf, wie viele Fördermaßnahmen dort aktuell noch abzuwickeln sind.
Um weitere Förderanträge müssen wir uns zum jetzigen Zeitpunkt erst einmal keine Gedanken machen. Es muss endlich mal ein Umdenken stattfinden. Wir sollten darauf achten, dass Maßnahmen aus der Vergangenheit erst einmal vernünftig und zum Wohle unserer Stadt Bad Driburg abgeschlossen werden.
Der ein oder andere wird sagen, warum genau dann bei den Dorfplätzen anfangen. Wir sind der Meinung, dass wir nun mal irgendwo anfangen müssen. Sicherlich ist die Einrichtung des ein oder anderen „Dorfplatzes“ sehr „schick“ Aber stellen wir uns in der desolaten Haushaltsituation doch mal die Frage: Ist die Ausgabe für so einen Dorfplatz wirklich so wichtig für ein Dorf? Gibt es nicht wichtigere Dinge zu finanzieren? Kaputte Straßen und Brücken? Radwege? Spielplätze? Glasfaserausbau?
Auch hier sind die Fördermittel verlockend. Zum Teil werden 65% der Ausgaben bezuschusst. Richtig! Doch wie vorhin bereits erwähnt, verbleibt für die Stadt ein Eigenanteil von ca. 650.000 € allein in diesem Jahr! Im nächsten Jahr sogar 680.000 €. Geld, dass an anderer Stelle dringend fehlt!
Kostensteigerungen im Baubereich
Die Kosten für Hoch und Tiefbaumaßnahmen sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen.
Es ist schon fast gängige Praxis, dass überplanmäßige Mittel für Maßnahmen bereitgestellt werden müssen. Ein Beispiel aus jüngster Zeit: Geplante Kosten für die Baumaßnahme 75.000 €, überplanmäßig bereitgestellte Mittel nach Abschluss der Maßnahme 65.000 €. Das heißt, die Maßnahme ist fast doppelt so teuer geworden wie geplant. Fehlkalkulation? Fehlplanung? Wo liegen die Gründe für diese Steigerungen?
Hier gibt es aus unserer Sicht Klärungs- und Gesprächsbedarf mit der Verwaltung.
Bad Driburg Therme
Ein weiteres kritisches Thema ist die „Driburg Therme“. Sicherlich ist die „Therme“ ein Aushängeschild für Bad Driburg. Laut Wirtschaftsplan der Therme GmbH für das Haushaltsjahr 2021 wird der Zuschuss der Stadt Bad Driburg für die Therme auf 1,4 Mio. € festgesetzt. Ja, sie haben richtig gehört. Der Zuschuss wird durch die Therme GmbH festgesetzt. Unglaublich! Für die SPD-Fraktion eine verkehrte Welt! Seit Jahren subventioniert die Stadt die Bad Driburg Therme. Im Jahr 2021 laut Plan mit ca. 70 € pro Einwohner. Die Geschäftsführung hat aber bis heute kein schlüssiges und zukunftweisendes Konzept vorgelegt, wie das Defizit der Therme GmbH gesenkt werden kann. Sie setzt den Zuschuss einfach mal so fest und lehnt sich scheinbar zurück. In diesem Jahr als Ausrede: Lange Schließung, Corona. O.K. Aber wie geht es weiter? Wir erwarten Antworten und Konzepte noch in diesem Jahr!
Die SPD-Fraktion wird einem Zuschuss in dieser Höhe im nächsten Jahr definitiv nicht noch einmal zustimmen.
Areal der ehem. Eggelandklinik
Ein Leuchtturmprojekt in Bad Driburg. Sicherlich! Die SPD-Fraktion steht hinter diesem Konzept eines kombinierten Areals für Wohnen, Arbeiten, Park und Kultur- und Bürgerhaus.
Das Projekt steht in großen Teilen noch in der Entwurfsplanung.
Doch auch hier gilt es die Kosten im Auge zu behalten.
Feuerwehr
Anschaffung von Fahrzeugen für die Feuerwehr: hier sind wir scheinbar auf einem guten Weg. Gemeinsame Ausschreibungen mit Nachbarkommunen senken die Beschaffungspreise. Das könnte übrigens auch ein Beispiel für andere kommunale Geräte und Fahrzeuge sein. Was uns fehlt, ist jedoch ein aktueller Feuerwehrbedarfsplan. Dieser, übrigens ein gesetzlich vorgeschriebener Plan, versetzt die Kommune in die Lage vorrausschauend für die Sicherheit des Bürgers zu sorgen.
Wir fordern die Vorlage des Brandschutzbedarfsplanes noch bis zum Sommer diesen Jahres!
Wagen wir einen Blick in die Zukunft:
Auch für die nächsten Jahre plant die Stadt Bad Driburg eine Vielzahl von Investitionen.
Neubau der Grundschule unter der Iburg: Investitionsvolumen 6,7 Mio in den Jahren 2022-2024
Schulpolitik ist sicherlich seit Jahren kein Aushängeschild und nicht die Stärke der Stadt Bad Driburg.
Nach diversen Schulschließungen und Schul-Zusammenlegungen wurden in den letzten Jahren Millionen in die Renovierung des Grundschulzentrums und der Gesamtschule gesteckt. Man könnte denken, jetzt ist für die nächsten Jahre erst mal Ruhe. Denkste!
Nach vielen, bereits erfolgten Renovierungsmaßnahmen, plant die Stadt jetzt den Neubau des Grundschulzentrums.
Hohe Radon-Konzentrationen sind der Grund für einen Neubau. Die Sicherheit von Lehrkräften und Schülern ist ein richtiges und gutes Ziel. Doch diese Radon-Belastungen sind schon lange bekannt.
Auch hier fehlt uns die weitsichtige Planung. Sind hier in den vergangenen Jahre Steuergelder in den Sand gesetzt worden?
In Sachen Schulpolitik gibt es von Seiten der SPD-Fraktion eine glatte 5!
Stellenplan
167,0 Stellen sieht der Stellenplan der Stadt Bad Driburg für das Jahr 2021 vor.
Mit der Eröffnung des neuen Familienzentrums an der Georg-Nave-Str. muss neues Personal für mindestens 2 Gruppen eingestellt werden. Das bedeutet eine Erhöhung im Stellenplan um mindestens 5 Vollzeitstellen für Erzieherinnen+ Ergänzungskräfte im Hauswirtschaftsbereich.
Anbau Feuerwehrgerätehaus Bad Driburg 450.000 €
Wir lehnen diesen Anbau weiterhin ab, solange nicht in allen Ortschaften die Schwarz/Weiß Trennung und die Renovierung der Sanitäreinrichtungen abgeschlossen ist. Die Erfüllung von gesetzlichen vorgeschriebenen Hygienestandards geht hier eindeutig vor der Schaffung von zusätzlichen im Moment nicht erforderlichen Fahrzeugstellplätzen.
Erneuerung von Straßen und Brücken
Im Eigentum der Stadt sind ca. 120 km Straßen und 37 Brücken. Legen wir eine durchschnittliche Lebensdauer von ca. 30 Jahren für eine Straße und ca. 40 Jahre für eine Brücke zu Grunde, bedeutet dies, wir müssen in jedem Jahr Mittel für die Instandhaltung von ca. 4 km Straße und mind. 1 Brücke zur Verfügung stellen. Ein Aufschub der Instandhaltung fällt uns in den folgenden Jahren wieder auf die Füße. Hier müssen langfristig in jedem Jahr ausreichend Mittel im Haushalt eingeplant werden.
Hochbau
Die zahlreichen städt. Gebäude müssen erhalten und auch mal renoviert werden. Neben der Erneuerung von Heizungsanlagen, Dächern und Fassaden brauchen auch diese Gebäude mal einen neuen Anstrich oder eine neue Sanitäranlage.
All dies muss finanziert werden.
Unser Fazit:
Die SPD Fraktion stimmt dem Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2021, mit großen Bauchschmerzen zu.
In der Finanzpolitik muss JETZT ein Umdenken beginnen.
Alle Ausgaben müssen auf den Prüfstand. Für „Wünsch-Dir-Was“ Projekte fehlt uns in den nächsten Jahren schlicht und ergreifend das Geld.
Wir rufen alle Fraktionen auf: Lassen sie uns gemeinsam einen Weg aus dieser Situation finden.
Wir alle haben uns verpflichtet: Handeln, zum Wohle der Stadt Bad Driburg.
Zum Schluss meiner Ausführungen möchte ich mich im Namen der SPD-Fraktion bei dem Beigeordneten Herrn Scholle, dem Kämmerer Herrn Koch sowie dem Personalamtsleiter Herrn Kleine für die Mitarbeit bei unseren Haushaltsberatungen bedanken. Der Dank geht auch an alle Mitarbeiter*innen der Verwaltung für die geleistete umfangreiche Arbeit an diesem Haushaltsplan.
Und da, wie bereits erwähnt, in der Finanzpolitik der Stadt Bad Driburg ein Umdenken stattfinden muss, haben wir für Sie, sehr geehrter Herr Bürgermeister Deppe, symbolisch ein „Sparschwein“ mitgebracht.
Immer wenn in Zukunft neue Projekte anstehen, soll sie dieses Sparschwein an die Haushaltslage unserer schönen Stadt Bad Driburg erinnern.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
Nadine Nolte
SPD Fraktionsvorsitzende