1933 bis 1946
1933
Am 8. Februar 1933 wurde das Stadtverordneten-Parlament in Bad Driburg aufgelöst, ebenso alle Kommunalparlamente in Preußen. Das Magistratskollegium blieb zunächst im Amt.
Bei den Reichstagswahlen am 05.03.1933 erhielt die SPD in Bad Driburg 4,0 %. Das „Vorläufige Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich“ vom 31. März 1933 bestimmte die Auflösung der alten Stadt- und Gemeinderäte und die Neuwahl nach den Ergebnissen der Reichstagswahl vom 5. März.
Bei den Wahlen zum Stadtratskollegium gab es keine Parteienwahl, sondern es wurden Wählerlisten aufgestellt. Auf dem Stimmzettel zur Stadtverordnetenwahl standen außer der NSDAP keine Parteien, sondern Gruppierungen unter einem Kennwort: „Kennwort: NSDAP“ mit dem Zusatz „Hitlerbewegung“ in Klammern auf:
Platz 1. Die Kandidaten waren Busch, Göke, Duhl und Ewers. Vornamen wurden nicht genannt.
Auf Platz 2 folgte „Kennwort: Zentrum“, nun mit Z statt mit C geschrieben, mit den Kandidaten Leiweke, Ridder, Fieseler und Klaholt.
Auf Platz 3 (22) stand „Kennwort: Recht und Fortschritt“ (Pauly, Freitag, Meiners, Spork), Platz 4 (23) „Kennwort: Arbeiterschaft“ (Peter Lerche, Hermann Fromme, Spieker, Kriegesmann),
Platz 5 (24) „Kennwort: Liste Ritzenhoff – für alle Stände, geradeaus u. parteilos“ – (Ritzenhoff, Brockmann, Huneke, Niefant (?),
Platz 6 (25) „Kennwort: Allgemeine Bürgerliste für Aufbau und Arbeitsbeschaffung“ (Uhlmann, Wetter, Rüters, Steker),
Platz 7 (26) „Kennwort: Wahrheit und Recht“ (Weskamp, Huneke, Stolte, Peters).
Die SPD durfte wie die anderen Parteien nicht unter ihrem Namen auftreten.
Stärkste Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung wurde das Zentrum mit 7 Mandaten (912 Stimmen), die NSDAP erhielt 3 Mandate (407 St.), Wahrheit und Recht 2 Mandate (312 St.), die Arbeiterschaft 2 Mandate (258 St.) und Ritzenhoff 1 Mandat (133 St.).
Für das Zentrum kamen Leiweke, Ridder, Fieseler, Klaholt, Sievers, Faber und Middeke.
Für die NSDAP kamen Busch, Göke und Duhl ins Stadtparlament.
Die Arbeiterschaft wurde durch Lerche und Fromme vertreten. Peter Lerche war Maurer (Bademeister? SG S. 461) und Hermann Fromme Holzbaumeister.
Für „Wahrheit und Recht“ kamen Weskamp und Huneke.
Ritzenhoff kam für seine eigene Liste in den Stadtrat.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten sank bei der Reichstagswahl am 5. März bei einer Wahlbeteiligung von 94 % der Stimmenanteil der SPD im Kreis auf unter 5 %. In Bad Driburg betrug er 2,4 %.
Wahlergebnisse – Reichstag u. Preuß. Landtag 5. März 1933
Stadt | Alhausen | Erpentrup | Herste | Langeland | Pömbsen | Reelsen | |
RT LT | |||||||
NSDAP | 649 632 | 79 80 | 17 17 | 46 47 | 26 25 | 73 69 | 39 41 |
SPD | 99 101 | 3 2 | 1 1 | 19 21 | 1 1 | 6 6 | 3 3 |
KPD | 99 98 | 1 1 | 1 1 | 1 1 | 1 - | 19 19 | 2 2 |
Kampffront Schwarz-Weiß-Rot |
69 62 |
6 6 | 3 3 | 6 5 | 3 3 | 2 4 | 13 11 |
DVP | 6 7 | - 1 | - - | 3 5 | - - | 2 4 | - 1 |
Ev. Volksdienst | 9 8 | - - | - - | - - | - - | 2 2 | - - |
Dt. Staatspartei | 8 9 | - - | - - | - - | - - | - - | - - |
Dt. Bauernpartei | 2 1 | - - | - - | - - | - - | - - | - - |
u.a. | Wahlbeteiligung Stadt 94 % |
Wahlergebnisse – Provinziallandtag u. Kreistag 12. März 1933
Stadt | Amt | Kreis | Kreisergebnis 05.03.1933 | |||
PLT KT | Reichstag | Landtag | ||||
NSDAP | 614 603 | 317 316 | 8821 8779 | 9171 | 9046 | |
SPD | 94 96 | 30 31 | 1603 1653 | 1773 | 1804 | |
KPD | 57 56 | 20 19 | 1369 1402 | 2181 | 2149 | |
Zentrum | 1434 1425 | 857 839 | 20638 20208 | 21942 | 21790 | |
Kampffront | 49 48 | 38 36 | 985 1132 | 1175 | 1115 | |
DVP | 10 - | 5 - | 112 - | 154 | 183 | |
u.a. |
Bei den Wahlen am 12.03.1933 zum Provinziallandtag und Kreistag erhielt die SPD aus der Stadt Bad Driburg 94 bzw. 96 Stimmen, aus dem Amt, den Ortsteilen, 30 bzw. 31 Stimmen.
Im Reichstag erreichte die SPD 1933 mit 18,3 % noch 120 Sitze. Es war die letzte Reichstagswahl, bei der sich noch mehr als eine Partei aufstellen konnte.
Im Wahlkampf gab es Übergriffe auf die SPD u.a. politische Gegner, Grundrechte wurden nach dem Reichstagsbrand Ende Februar außer Kraft gesetzt, u.a. kam das Versammlungsverbot. SA, SS und Stahlhelm-Anhänger wurden als Hilfspolizisten eingesetzt. Regimekritiker wurden verhaftet, darunter auch SPD-Mitglieder. Am 7. Juli 1933 wurde per Gleichschaltungsgesetz allen SPD-Abgeordneten das Mandat aberkannt. Am 14. Juli 1933 wurde von der Reichsregierung das „Gesetz gegen die Neubildung von Parteien“ erlassen. Im November 1933 gab es nur noch die NSDAP-Einheitsliste.
Ihr Kreuz nicht bei der Einheitspartei zu machen wagten in Alhausen 28 Bürger, in Pömbsen 26, in Herste 22, in Reelsen 20 und in Langeland 2. Diese Stimmen wurden für ungültig erklärt. Die Wahlbeteiligung lag um 98 %.
Wahlergebnisse im Einparteienstaat – Reichstag 12. November 1933
Stadt | Alhausen | Erpentrup | Herste | Langeland | Pömbsen | Reelsen | Kreis HX | |
abg. Stimmen | 2909 | 335 | 81 | 346 | 122 | 567 | 259 | 39560 |
NSDAP | 2575 | 307 | 81 | 324 | 120 | 541 | 239 | 37615 |
ungültig | 334 | 28 | - | 22 | 2 | 26 | 20 | 1945 |
Wahlbeteiligung | 98 % | 100 % | 97,5 % | 98,5 % | 95 % | 98,5 % | 97,5 % | 99 % |
Gleichzeitig fand eine Volksabstimmung statt. Mit „Ja“ oder „Nein“ sollte folgende Frage beantwortet werden:
Billigst Du, deutscher Mann, und Du, deutsche Frau, diese Politik deiner Reichsregierung, und bist Du bereit, sie als den Ausdruck Deiner eigenen Auffassung und Deines eigenen Willens zu erklären und Dich feierlich zu ihr zu bekennen?
Stadt | Alhausen | Erpentrup | Herste | Langeland | Pömbsen | Reelsen | Kreis HX | |
abg. Stimmen | 2935 | 335 | 81 | 346 | 567 | 259 | 40129 | |
Ja | 2761 | 319 | 80 | 326 | 549 | 251 | 38717 | |
Nein | 101 | 8 | - | 9 | 7 | 2 | 817 | |
ungültig | 33473 | 8 | 1 | 11 | 11 | 6 | 595 |
Immerhin 101 Bürger in der Stadt stimmten mit „Nein“, 9 in Herste, 8 in Alhausen, 7 in Pömbsen und 2 in Reelsen.
1934
Auch in Bad Driburg wirkte sich die Weltwirtschaftskrise aus, die Konkurse der Firmen Münstermann und Becker, die Arbeitslosigkeit (300/1933) sowie die Kürzung des Stundenlohns von Arbeitern (von 62 auf 47 Pfg.) trafen viele Bürger.
Die Rathäuser wurden „gleichgeschaltet“. In allen Gemeinden wurden durch die NSDAP Bürgermeister eingesetzt, die als Hauptamtliche die alleinige Entscheidungsgewalt hatten.
Der Bürgermeister war dem Landrat und dem Regierungspräsidenten unterstellt, er war Hauptamtlicher mit alleiniger Entscheidungsgewalt, er wurde durch die Gemeinderäte nur beraten, durch ehrenamtliche Beigeordnete, denen der Bürgermeister Aufgabengebiete übertragen konnte. Sie ersetzten den Magistrat.
Am 1. Januar 1934 wurde das Stadtparlament wie alle am 12. März 1933 gewählten Kommunalparlamente aufgelöst. (s. 1933) Die „Ratsherren“ waren W. Duhl, K. Berlin, I. Borgmann, A. Buddenberg, F. Wolf, A. Göke, H. Glitz, Peter Lerche, J. Ridder und H. Ritzenhoff.
Die NSDAP veranstaltete am 10. Juni 1934 im Schützenhaus eine Bürgerversammlung, bei der gegen Kritiker aus den aufgelösten Parteien gewettert wurde, vor allem aus der SPD, der DNVP und dem Zentrum.
Am 2. August 1934 erließ die Reichsregierung ein Gesetz, durch das am Todestag des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg das Amt des Reichspräsidenten mit dem des Reichskanzlers vereinigt wurde. Am 19. August fand eine Volksbefragung statt. Mit „Ja“ oder „Nein“ sollten die wahlberechtigten Bürger über dieses Gesetz abstimmen, obwohl Hitler am 1. August, einen Tag vor Hindenburgs Tod, die beiden Ämter bereits zusammengelegt hatte. Die einfache Mehrheit reichte aus.
Stadt | Amt | Alhausen | Erpentrup | Herste | Langeland | Pömbsen | Reelsen | Kreis HX | |
Stimmber. | 2755 | 1558 | 316 | 77 | 339 | 126 | 444 | 256 | |
Stimmscheine | 1284 | 310 | 28 | 1 | 75 | 8 | 184 | 14 | 42333 |
Ja | 2583 | 1485 | 264 | 68 | 307 | 121 | 533 | 192 | 35052 |
Nein | 1076 | 244 | 55 | 2 | 82 | 4 | 53 | 48 | 5892 |
ungültig | 131 | 66 | 24 | 2 | 12 | 4 | 14 | 10 | 1418 |
Auch bei dieser Wahl stimmten Bad Driburger Bürger gegen die Pläne des „Führers“, einige Hundert in der Stadt und im Amt, 82 in Herste, 55 in Alhausen, 53 in Pömbsen, 48 in Reelsen, 4 in Langeland und 2 in Erpentrup.
Stimmscheine erhielten alle Bürger, die nicht in die Stimmkartei eingetragen waren, darunter Auslandsdeutsche und Angehörige der Besatzung von See- oder Binnenschiffen. Für Reisende, die nicht an der Abstimmung in ihrem Heimatort teilnehmen konnten, wurden eigens an Bahnhöfen Abstimmungsräume eingerichtet.
Partei der Arbeit?
Die SPD, die sich traditionell als Arbeiterpartei einschätzte, hatte es schwer in Bad Driburg.
Geschickt verwendeten die Nationalsozialisten den Begriff des Arbeiters – im Parteinamen, im Reichsarbeitsdienst RAD, bei den Feiern zum 1. Mai, zum „Tag der nationalen Arbeit“ (Bonk 48) und seinem vorgegebenen Programm. 1934 mussten auch die Belegschaften der Betriebe Buddenberg, des Gräflichen Sägewerks, der Glasfabrik, der Ziegelei Breker und der Gräflichen Verwaltung antreten, dazu „ungenannte Betriebe der Arbeitsfront“.
Angeblich konnte man „die schlichte Fabrikarbeiterin mit der Tochter des Fabrikanten“ beim gemeinsamen Sport beobachten (Bonk 93).
Seit dem Frühjahr 1937 wurde die Glasproduktion wiederbelebt, im Mai wurde die „Vereinigte Driburger Glashüttenwerke GmbH“ gegründet. In der Anfangsphase waren 70 Arbeitsplätze geplant. Die Zahl der Arbeitslosen ging von 1933 bis 1937 „von 234 auf Null zurück“ (Stadtgeschichte 477).
Im April 1938 wurde der Grundstein zur Siedlung an der Dringenberger Straße gelegt, wo „bezahlbares Eigentum für Arbeiter“ geschaffen werden sollte, „um dem deutschen Arbeiter eine geeignete Wohnstätte zu erstellen“ (Stadtgeschichte 479). Auch mit solchen Programmen gewannen die Nationalsozialisten Zulauf.
Das „sozialistische“ Bild täuschte über die wahren Absichten des Regimes hinweg.
Gab es in Bad Driburg Widerstand?
Bonk und Möhring (Stadtgeschichte 456) erwähnen die Lehrerin Anna Wieners, die 1933 für das Zentrum einen Sitz im Kreistag errang und aus dem Schuldienst entfernt wurde, den Gerichtsreferendar Josef Weskamp, der von den Nazis mit einem Berufsverbot belegt werden sollte, sowie den Tischlermeister Wilhelm Weskamp, der von einem „Arbeiter vom Rittergut“ (Bonk 226) denunziert und dann mehrfach verhaftet wurde. In seine Zelle kam der Maurer Josef Rux laut Weskamp, „weil er sich über meine Verhaftung laut geärgert hatte“. Rux hatte den Mut, die Behördenvertreter als „Arschlöcher“ zu bezeichnen, und konnte sich nur mit der Behauptung vor Schlimmerem bewahren, dass er betrunken gewesen sei (Bonk 228). Karl Griemert (Schreibweise auch Grimmert/Grimert), der 1935 die Scheibe des Aushangkastens der NSDAP-Zeitschrift „Der Stürmer“ („Stürmerkasten“, Bonk 234) zertrümmerte, musste um sein Leben fürchten. In dem Kasten wurden jüdische Firmen und Fotos von Driburgern, die dort kauften, öffentlich angeprangert. Griemert wurde festgenommen.
Die Begeisterung für die NS-Diktatur sank zum Ende des Zweiten Weltkrieges hin beträchtlich. Nach der Kapitulation und dem Ende der Kriegshandlungen waren die Bad Driburger Bürger mit dem Sichern ihrer Existenz und den Folgen des Krieges beschäftigt.
1936
Am 29. März wurde der Reichstag neu gewählt. Einzige wählbare Partei war die NSDAP. Von 40701 abgegebenen Stimmen waren 40342 für die NSDAP, 349 waren dagegen oder ungültig. Gegenstimmen wurden für ungültig erklärt, leer abgegebene Wahlzettel als Zustimmung gewertet.
1937
Die Geheime Staatspolizei (Gestapo) gab bekannt, dass im Laufe des Jahres 1937 insgesamt 733 Sozialdemokraten verhaftet worden seien. Etwa 4000 waren emigriert.
Mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 fehlen Aufzeichnungen über die Bad Driburger Sozialdemokratie.
Die Namen der Gefallenen des Zweiten Weltkriegs kann man am Ehrenmal in der Kapellenstraße oder in der Michaelskapelle auf dem Westfriedhof suchen. Festgehalten werden sie auch im Internet:
http://www.denkmalprojekt.org/2020/bad-driburg_kreis-hoexter_1864-71_wk1_wk2_nrw.html
1945/46
Der SPD-Ortsverein Bad Driburg wurde 1946 im Hause Dirichs neu gegründet. Der Ortsverein zählte 1947 bereits 278 Mitglieder.
Im Vorstand waren Fritz Hartmann als Kassierer, Heinrich Steffen als Schriftführer und Fritz Gehle, zu den profilierten Mitgliedern zählt Gehle Werner Avenarius, Heinz Wollnich, Hermann Renner, die später Stadtverordnete waren, sowie Josef Rux („Bello Rox“) und Hertha Vinzelberg, Tochter Wilhelm Tripplers, die die AWO-Leitung übernahmen.
Wilhelm Trippler saß als erster SPD-Stadtverordneter im Driburger Rat, in der ersten von den Engländern ernannten kommunalen Vertretung (Eilebrecht, Stadtgeschichte S. 676).
Am 15. September 1946 (SG 677: 13.10.) fand die erste Kommunalwahl nach dem Zweiten Weltkrieg statt. Da Driburg zur englischen Besatzungszone gehörte, galt englisches Mehrheitswahlrecht. Jeder Stimmberechtigte durfte bis zu sechs Personen wählen. Die SPD erhielt 2251 Stimmen (16,35 % / SG 677), dafür jedoch nur ein Mandat, einen Sitz im Rat. Stadtverordneter der SPD war zunächst Wilhelm Trippler, dann Hermann Friedrich Renner.
Fritz Gehle schreibt in seinen Erinnerungen:
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges fanden sich noch im Jahr 1945 alte SPD-Mitglieder in Bad Driburg zusammen, ohne dass aber gleich ein Ortsverein gegründet wurde, da die alliierten Besatzungsmächte erst im folgenden Jahr politische Parteien zuließen.
Wegen des anfangs noch bestehenden Versammlungsverbotes mussten die Zusammenkünfte heimlich stattfinden. Sie hatten auch weniger politischen Charakter, sondern dienten vor allem der ersten Kontaktaufnahme mit den aus dem Krieg zurückgekehrten oder durch die Wirren der ersten Nachkriegszeit nach Bad Driburg verschlagenen Parteimitgliedern.
Viele von ihnen waren völlig mittellos und so bestand die Parteiarbeit größtenteils in der praktischen Hilfeleistung für die Flüchtlinge: Mit Kleidern, Möbeln und Nahrungsmitteln konnte so die größte Not in manchen Fällen gelindert werden. Diese tatkräftige Hilfe schuf einen festen Zusammenhalt zwischen den Parteimitgliedern, wobei Karl Grimmerts [Griemert], genannt „Spissen-Karl“, als erster eine Art politischer Leitfunktion übernahm. Er hatte nämlich gute Kontakte zu den Ortskommandanten und beschaffte seinen Parteifreunden – als Bediensteter der Stadt war er dazu in der Lage – wichtige gemeindepolitische Informationen. Neben ihm ist Wilhelm Trippier [Trippler] zu nennen, der anfangs zum kommissarisch ernannten Rat der Stadt Bad Driburg gehörte.
Im April 1946 wurde die Gründung des SPD-Ortsvereins Bad Driburg im Hause Dirichs vollzogen, nachdem die Hochkommissare die Parteien wieder zugelassen hatten.
Zum ersten Vorsitzenden wurde Hugo Becker gewählt, ein altbewährter SPD-Mann. Er war als Bombengeschädigter nach Bad Driburg verschlagen worden. Unter seiner Führung wuchs der Ortsverein schnell heran. Bereits ein Jahr nach der Gründung wurden 278 Mitglieder gezählt, unter ihnen Fritz Hartmann als Kassierer, Heinrich Steffen als Schriftführer und Fritz Gehle. Profilierte Mitglieder waren zu dieser Zeit auch die späteren Stadtverordneten Werner Avenarius und Heinz Wollnich sowie Hermann Renner, Bello Rox [Josef Rux] und Frau Vinselberg[Vinzelberg], von denen die beiden letztgenannten die Driburger Arbeiterwohlfahrt leiteten.
Neben der eigentlichen Parteiarbeit, die unter erschwerten Bedingungen durchgeführt wurde, beispielsweise mussten Kurierfahrten zum Unterbezirksbüro nach Höxter meist mit dem Fahrrad bewältigt werden, galt es auch weiterhin, immer wieder neu eintreffende Flüchtlingstrecks aus dem Osten mit Rat und Tat beiseite [zur Seite] zu stehen, zunächst bei der Wohnungssuche und dann bei der Beschaffung des notwendigen Hausrats und eines Arbeitsplatzes.
Daneben wurde auch schon Wahlkampf für die ersten dicht aufeinanderfolgenden Kommunalwahlen durchgeführt und zwar ähnlich wie heute mit Plakatwerbung und Versammlungen.
Die erste Nachkriegswahl in Bad Driburg wurde am 15.9.1946 nach englischem Mehrheitswahlrecht abgehalten, wobei jeder Wähler bis zu sechs Personen wählen durfte. Diese Wahl erbrachte für die SPD nur ein Ratsmandat, obwohl die SPD immerhin 2251 Stimmen erhalten hatte.
Die CDU erhielt 5651 Stimmen und damit 16 Stadtratsmandate. Dieses für unsere Begriffe „schiefe“ Wahlergebnis wurde zwei Jahre später durch eine erneute Wahl nach dem heute geltenden kombinierten Persönlichkeits- und Verhältniswahlrecht zurechtgerückt, die der SPD 5, der CDU 8, dem Zentrum 3 und der FDP 1 Stadtratssitz einbrachte.
Das Amt des Bürgermeisters fiel an Hermann Leiweke, der einige Wochen zuvor von den „Unabhängigen“ zum Zentrum übergewechselt war. Stellvertretender Bürgermeister wurde der SPD-Stadtverordnete Hugo Becker.
Die Position als zweitstärkste Stadtratsfraktion ging der SPD dann bei der Wahl des Jahres 1952 an die Zentrumspartei verloren und konnte erst 1964 zurückerobert werden, wo durch die Stadtverordneten Avenarius, Sagel, Steffen und Werres vier Sitze erobert wurden. Die CDU errang damals 10 Sitze und FDP und Zentrum jeweils zwei Mandate.
Trotz dieses Teilerfolges erlebte der Ortsverein in der folgenden Sitzungsperiode mit dem Ausscheiden seines Vorsitzenden Avenarius eine schwere Krise, die zum Ruhen der Parteiarbeit und zur Halbierung der Stadtratsfraktion führte, in der nur Fritz Sagel und Heinz Steffen bis zum Ende der Wahlperiode durchhielten.
Diese Tatsache machte einen Neuaufbau des Ortsvereins nötig, der im Jahre 1969 von Josef Schreier und dem Unterbezirksgeschäftsführer und späteren Bundestagsabgeordneten Dieter Heistermann mit viel persönlichem Einsatz auch erreicht wurde. Noch während seiner nur halbjährigen Amtsperiode als erster Vorsitzender konnte Josef Schreier das 100. Mitglied begrüßen. Nach seinem aus persönlichen Gründen erfolgten Rücktritt als Ortsvereinsvorsitzender wurde Dietrich Droste sein Nachfolger, unter dessen dreieinhalbjährigen Führung der Ortsverein eine Phase der Konsolidierung erlebte.
Die wirkungsvolle Stadtratsarbeit der 1969 gewählten Ratsfraktion, bestehend aus den Mitgliedern Droste, Gehle, Hartmann, Hartkemper/Weber und Sagel, bewirkte, dass die SPD Bad Driburg in der Bevölkerung wieder an Ansehen gewann.